Bowies Blick auf Berlin
Überraschung zum 66. Geburtstag: Superstar kehrt nach jahrelanger
Pause zurück

Rückkehr eines Rockstars: Älter, ernster und ein wenig
nostalgisch präsentiert sich David Bowie 2013. Nach jahrelanger
Pause ist er mit 66 Jahren wieder da. Foto: Jimmy
King
BERLIN/LONDON (dpa/-mel-). Alle Welt spottet derzeit über Berlin -
David Bowie fliegt darauf und singt darüber. Die Überraschung
war perfekt, die Musikwelt reagierte euphorisch: Pünktlich zum 66.
Geburtstag kehrt David Bowie jetzt mit einer Single zurück. Zehn
Jahre nach seiner letzten Platte veröffentlicht der britische
Superstar seine neue Scheibe „Where Are We Now?". Das
zart-melancholische Lied ist eine Hommage an Bowies alte Heimat Berlin
- so wie einst der Welterfolg „Heroes".
Gut 35 Jahre ist es her, dass der Künstler im damals noch
geteilten Berlin lebte - von 1976 bis 1978 in einer großen
Altbauwohnung in Schöneberg. Im Hinterhof wohnte sein Freund, der
US-Musiker Iggy Pop. Oft fuhr Bowie mit dem Fahrrad die Potsdamer
Straße entlang zu den legendären Hansa-Studios direkt an der
Mauer, wo er mit „Low" und „Heroes" zwei seiner wichtigsten Alben
aufnahm. „Berlin hat die seltsame Fähigkeit, einen dazu zu
bringen, nur die wichtigen Dinge zu schreiben", sagte Bowie, der mit
130 Millionen verkauften Alben zu den einflussreichsten Künstlern
der vergangenen Jahrzehnte zählt.
Seine Musik hat in Ost-Berlin Krawalle ausgelöst. Pfingsten 1987
singt er wenige Meter von der Mauer entfernt zur 750-Jahr-Feier
Berlins. Hunderte Ost-Berliner Jugendliche versuchen etwas vom Konzert
im Westen mitzubekommen. „Wir schicken unsere besten Wünsche an
all unsere Freunde, die auf der anderen Seite der Mauer sind", sagt
Bowie. Und dann singt er von den Schüssen an der Mauer.
An diesem Tag und den beiden folgenden, an denen unter anderem die
Eurythmics, Paul Young und Genesis an der Mauer singen, kommt es zu
Krawallen in Ost-Berlin. „Die Mauer muss weg", rufen die Jugendlichen.
Volkspolizisten schwingen die Knüppel.
„Had To Get The Train From Potsdamer Platz" heißt es nun in der
neuen Single. Nach den ersten Takten ist klar: der typische
Bowie-Sound. Im von Tony Oursler inszenierten Video sieht man
Schwarz-Weiß-Bilder des Reichstags, des Friedensengels und der
Mauer. Außerdem ist die Autowerkstatt zu sehen, die sich unter
Bowies Wohnung befand.
Die Musikwelt reagierte euphorisch auf das Comeback des Weltstars
(„Major Tom" ), der zugleich sein neues Album „The Next Day" für
März ankündigte. Denn zuletzt war es ruhig geworden um Bowie.
2003 war das Album „Reality" erschienen, ein Jahr später musste er
sich nach einem Konzert beim Hurricane-Festival in ärztliche
Behandlung geben. Kurz darauf wurde Bowie in Hamburg am Herzen
operiert. Vor sechs Jahren trat er zum letzten mal auf.
„Jetzt, nach einem Rückzug, der besorgniserregend wie für
immer wirkte, überrascht er uns noch mal mit einem neuen
Gefühl: Nostalgie", erklärte Bowie-Biograf Paul Trynka der
BBC. „Where Are We Now?" zeige, wie viele Zweifel stets hinter Bowies
jugendlicher Arroganz gelegen hätten.